Der Bundesfinanzhof entschied mit seinem Urteil vom 06.12.2022 über die steuerliche Anerkennung von Pensionszusagen, die einen unbedingten Vorbehalt zur Kürzung von Pensionsanwartschaften oder -leistungen beinhalten und damit über die Zulässigkeit der Bildung von Pensionsrückstellungen gemäß § 6a EStG.
Enthält eine Pensionszusage einen Vorbehalt, demzufolge die Pensionsanwartschaft oder Pensionsleistung gemindert oder entzogen werden kann, ist die Bildung einer Pensionsrückstellung steuerrechtlich nur zulässig, wenn der Vorbehalt positiv – d.h. ausdrücklich – einen nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten, eng begrenzten Tatbestand normiert, der nur ausnahmsweise eine Minderung oder einen Entzug der Pensionsanwartschaft oder Pensionsleistung gestattet.
BFH 06.12.2022 – IV R 21/19
Dem entschiedenen Fall lagen unmittelbare Pensionsversprechen im Rahmen einer beitragsorientierten Leistungszusage gegen Entgeltumwandlung zugrunde. In einer Betriebsvereinbarung (VO 2003) wurde die Höhe der sich aus der Entgeltumwandlung ergebenen Versorgungsleistung durch eine Transformationstabelle bestimmt. Danach ergaben sich für die jeweiligen durchgeführten Entgeltumwandlungen Versorgungsbausteine. Der Arbeitgeber behielt sich vor, die Transformationstabelle sowie den zu berücksichtigenden Zinssatz einseitig zu ersetzen. Eine ersetzende Transformationstabelle sollte für alle zukünftigen, noch nicht durch Entgeltumwandlung erworbenen Versorgungsbausteine gelten.
Der Betriebsprüfer kam zu dem Schluss, dass der Ersetzungsvorbehalt in der Betriebsvereinbarung einen steuerschädlichen Vorbehalt darstellt und versagte für den Prüfungszeitraum die Bildung von Pensionsrückstellungen. Die Möglichkeit des Arbeitgebers, die Transformationstabelle nach Belieben ändern zu können, entspräche nicht den Anforderungen des § 6a EStG.
Das betroffene Unternehmen war der Meinung, dass ein schädlicher Vorbehalt nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht vorliege, da eine Kürzung oder der Entzug der zugesagten Leistungen arbeitsrechtlich nur nach billigem Ermessen durchführbar wäre. Auch ein Verstoß gegen § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG läge nicht vor, da die Leistungshöhe ohne Weiteres aufgrund der eindeutigen Angaben in der VO 2003 ermittelt werden könne.
Der BFH schloss sich in seinem Urteil der Meinung des Betriebsprüfers und des in der Vorinstanz mit dem Fall befassten Finanzgerichts an.
Ein Vorbehalt ist nur dann steuerunschädlich, wenn er ausdrücklich einen nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten, eng begrenzten Tatbestand normiert, der nur ausnahmsweise eine Minderung oder einen Entzug der Pensionsanwartschaft oder Pensionsleistung gestattet. Ein Vorbehalt, der dem Arbeitgeber die Änderung der Pensionszusage in dessen Belieben stellt, der quasi einen dynamischen Verweis auf die aktuelle arbeitsgerichtliche Rechtsprechung darstellt, erfüllt die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht. Auch das Eindeutigkeitsgebot nach § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG in Bezug auf die Höhe der Versorgungsleistung ist nicht als erfüllt anzusehen, wenn dem Arbeitgeber ein freies Ermessen zur Änderung der Transformationstabelle eingeräumt wird. Der Wortlaut der Klausel sei auch zu eindeutig, als dass eine Beurteilung nach den allgemein geltenden Auslegungsregelungen zu einem anderen Ergebnis kommen könne.
Der BFH hat mit seinem Urteil seine bisherige Rechtsprechung zur steuerlichen Zulässigkeit von Widerrufsklauseln in Pensionszusagen konkretisiert. Die Richter stellen fest, dass es nicht die Aufgabe des Gerichts sei, weitreichende Widerrufsklauseln nach der neuesten und auf den Einzelfall gerichteten arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zu beurteilen. Somit sind Widerrufsvorbehalte in Pensionszusagen steuerlich nur unschädlich, sofern sie sich auf eng begrenzte Tatbestände beziehen, die von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt sind. Zu weitreichende Befugnisse zur beliebigen Änderung von Pensionsversprechen führen zur Nichtanerkennung von Pensionsrückstellungen in der Steuerbilanz.
Widerrufsvorbehalte sollten sich an den in den Einkommensteuerrichtlinien (R 6a Abs. 4 EStR) formulierten Vorbehaltsklauseln orientieren. Auch wenn die darin aufgeführte Möglichkeit der Kürzung oder des Entzugs der Leistungen bei Verstoß des Versorgungsberechtigten gegen das Gebot von Treu und Glauben, eine – gemessen an dem vorliegenden Urteil – zu weitgehende Befugnis darstellen sollte. Die Finanzverwaltung wird das behandelte Urteil bei von ihr als unschädlich eingestuften Vorbehalten wohl nicht anwenden.
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