Die Bevölkerung in Deutschland schrumpft und altert. Das bedeutet für die Wirtschaft: Einer immer älter werdenden Bevölkerung stehen immer weniger junge Berufstätige gegenüber. Diese demografische Entwicklung wird durch den sich parallel dazu vollziehenden Wandel der Wirtschaftsstruktur noch weiter verschärft. Und obwohl der Fachkräfteengpass bereits in vielen Branchen der deutschen Wirtschaft angekommen ist und auch die Bundesregierung zum Handeln auffordert, wird das Problem gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen immer noch unterschätzt.
Doch welche Möglichkeiten haben Unternehmen, effektiv Fachkräftesicherung und -gewinnung zu betreiben? Personalpolitische Instrumente, wie beispielsweise Entlohnung, Aus- und Weiterbildung, Führungsstil und Arbeitsbedingungen, werden von den
Unternehmen bereits vielfach genutzt. In diesem Kontext darf die betriebliche Altersversorgung (bAV) sowie die betriebliche Krankenversicherung (bKV) nicht unberücksichtigt bleiben. Welche Anreize Betriebsrenten und betriebliche Gesundheitsvorsorge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber bieten und wie ein Unternehmen damit seinen Fachkräftebedarf sichern kann, soll im Folgenden erläutert werden.
In vielen Branchen und Regionen Deutschlands bleiben bereits jetzt Stellen unbesetzt. Der Wettbewerb um die besten Arbeitskräfte wird sich in Zeiten schwacher Geburtenjahrgänge und des verstärkten Eintritts der Babyboomer-Generation in den Ruhestand weiter verschärfen. Nun sind es die Unternehmen, die sich erfolgreich als Arbeitgeber am Markt positionieren müssen, um die vorhandenen Fachkräfte an sich zu binden und gut ausgebildete neue Mitarbeiter zu gewinnen.
Bis zum Jahr 2040 wird sich die Zahl der erwerbsfähigen Personen zwischen dem 20. und dem 66. Lebensjahr in Deutschland, nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes, um über fünf Millionen Menschen verringern. Nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) kostet Deutschland diese Entwicklung jährlich etwa ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Die Unternehmen sind alarmiert – acht von zehn Unternehmen fällt es schwer, ausreichend Fachpersonal zu finden.
Diese Tendenz zeigt sich seit einiger Zeit in bestimmten Branchen, wie z. B. in den sogenannten MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) sowie den Berufen des Gesundheits- und Sozialwesens. Hier sind qualifizierte Fachkräfte wie Ingenieure, Informatiker, Pflegekräfte und Erzieher Mangelware. Dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren weiter verschärfen. So treten bereits heute über einen Großteil der Berufsgruppen und Branchen hinweg Fachkräfteengpässe, vom geeigneten Auszubildenden über Facharbeiter bis hin zu Akademikern auf.
Den Herausforderungen der demografischen Entwicklung und der damit verbundenen sinkenden Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland muss sich die gesamte Gesellschaft stellen. Trotz aller politischer Bemühungen, wie der Fachkräftestrategie der Bundesregierung, wird der Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter für die Unternehmen immer härter. Ziel der Politik ist es geeignete Rahmenbedingungen für die deutsche Wirtschaft zu schaffen. Zu den aktuell in der Öffentlichkeit viel diskutierten Maßnahmen gehören, u. a. die Erhöhung der Frauenquote durch Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, das Anwerben ausländischer Fachkräfte, eine bessere berufsbegleitende Weiterbildung der vorhandenen Arbeitskräfte und auch der Wegfall der Hinzuverdienstgrenze bei Rentnern.
Gerade für kleine und mittlere Unternehmen bedarf es hier immer größerer Anstrengungen, um im Wettbewerb um begehrte Fachkräfte gegenüber bekannten Großunternehmen zu bestehen. So müssen sie ihren Arbeitnehmern attraktive Angebote bezüglich Gehalt, Arbeitsbedingungen sowie Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten bieten, um vorhandene qualifizierte Mitarbeiter zu halten bzw. neue Fachkräfte zu gewinnen. Dabei können kleinere und mittlere Unternehmen oftmals mit der im Betrieb gelebten familiären Arbeitgeberfürsorge punkten. Dazu wird in Zukunft immer stärker die betriebliche Absicherung der Mitarbeiter im Alter und im Invaliditätsfall, die Hinterbliebenenversorgung sowie die betriebliche Gesundheitsvorsorge in den Fokus rücken.
In den letzten Jahren ist ein gestiegenes Interesse von Arbeitnehmern an zusätzlichen Altersvorsorgemaßnahmen festzustellen.
Vielen Fachkräften ist bewusst, dass die gesetzliche Rentenversicherung, auch aufgrund der Reformen der letzten Jahre, nur noch eine Grundversorgung darstellt. Daher ist eine Betriebsrente ein nicht zu unterschätzender Grund bei der Wahl des künftigen Arbeitgebers, aber auch bei der Entscheidung für den Verbleib im Unternehmen. Hier tritt der Fürsorgegedanke des Arbeitgebers wieder stärker in den Vordergrund. Der Arbeitgeber erhält durch die Übernahme sozialer Verantwortung die Chance, seine Mitarbeiter emotional an das Unternehmen zu binden. Oftmals wiegt die Sicherheit, sich selbst oder die Familie im Notfall und im Alter versorgt zu wissen, deutlich mehr als in nominal höheres Gehalt eines anderen Arbeitgebers. Zusätzlich wirkt sich ein positives Image als sozial engagierter Arbeitgeber als Wettbewerbsvorteil bei der Suche nach neuen qualifizierten Fachkräften aus. Jedoch gerade in mittelständischen Unternehmen besteht bei Angebot und Nutzung betrieblicher Altersversorgung erheblicher Nachholbedarf, obwohl gerade für sie die Mitarbeitergewinnung und -bindung im Wettbewerb mit den Großunternehmen überlebenswichtig ist. Aktuelle Studien zeigen, dass bisher nur ca. zwei Drittel der mittelständischen Unternehmen ihren Mitarbeitern betriebliche Altersversorgung aktiv anbieten und nur jeder zweite Arbeitnehmer dieses Angebot nutzt. Dabei ermöglicht die bAV eine hocheffiziente kapitalgedeckte Vorsorge, indem Größenvorteile genutzt werden können, die Unternehmen im Vergleich zu Privatpersonen haben. Hinzu kommen steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Vorteile für Arbeitnehmer. Das Potenzial der bAV als personalpolitisches Instrument wird nicht ausreichend genutzt.
Bei der Einrichtung einer betrieblichen Altersversorgung bieten sich dem Unternehmen vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Dabei entscheidet das Unternehmen, ob es ein Versorgungsversprechen selbst oder über einen externen Versorgungsträger organisieren möchte und welche Versorgungsleistungen den Mitarbeitern gewährt werden sollen.
Bei den Leistungsarten kann der Arbeitgeber zwischen Alters-, Invaliditäts- und/oder Hinterbliebenenversorgung wählen oder eine Kombination hieraus festlegen. Berufsunfähigkeitsschutz sollte der Arbeitgeber als Arbeitskraftabsicherung mit anbieten. Insbesondere für Mitarbeiter mit Gesundheitseinschränkungen sind betriebliche Berufsunfähigkeitsleistungen mit vereinfachter Risikoprüfung oft die einzige Möglichkeit, sich finanziell gegen die Folgen einer Invalidität abzusichern. Schließlich bleibt noch die Frage zu klären, wer die betriebliche Altersversorgung finanziert. Neben rein arbeitgeberfinanzierten Modellen haben seit Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes arbeitnehmerfinanzierte Versorgungen (sog. Entgeltumwandlungen) an Bedeutung gewonnen.
Seit 2002 hat jeder rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch gegenüber seinem Arbeitgeber, Teile seines Bruttogehaltes in eine wertgleiche betriebliche Altersversorgung umzuwandeln. Spätestens seit dem 01.01.2022 hat der Arbeitnehmer bei Entgeltumwandlungen, die in eine Direktversicherung, eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds fließen, einen Anspruch auf einen Zuschuss in Höhe der konkreten Sozialversicherungsersparnis (maximal 15 % des Entgeltumwandlungsbetrages). Zur Mitarbeitergewinnung bietet es sich an, neben dem verpflichtenden Zuschuss zur Entgeltumwandlung einen arbeitgeberfinanzierten Versorgungsbeitrag zu gewähren.
Der aktuelle Trend geht deutlich zu mischfinanzierten Modellen, d. h. es gibt arbeitgeber- und arbeitnehmerfinanzierte Komponenten in der Versorgung. Eine hohe Akzeptanz bei den Mitarbeitern finden sogenannte „Matching Contribution“ (sinngemäß: gemeinschaftliche Beiträge).
Hier entwickelt der Arbeitgeber ein Versorgungssystem, das aus einem Grund- und Zusatzbaustein besteht. Der Grundbaustein besteht aus einer reinen Arbeitgeberleistung. Dieser kann auch aufgrund tariflicher Regelungen gezahlt werden. Der Zusatzbaustein wird als „Matching Contribution“ gewährt, d. h.: Ist der Arbeitnehmer bereit, einen Eigenbeitrag aus Entgeltumwandlung zu leisten, so gewährt der Arbeitgeber einen Zuschuss. Der Mitarbeiter wird in diesem System aktiv an seiner Altersversorgung beteiligt und kann durch die Entgeltumwandlung den Zuschuss des Arbeitgebers erhöhen. Dadurch wird auch die Wertigkeit der zusätzlichen Arbeitgeberleistung für den Arbeitnehmer deutlich sichtbar. Des Weiteren ist das dargestellte beitragsorientierte System klar kalkulierbar, Nachschussrisiken werden minimiert. Eine Versorgungsordnung, in der arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten haftungssicher festgelegt werden, rundet das System ab
und professionalisiert die bAV wie in einem Großunternehmen. Der geschickte Einsatz der bAV als personalpolitisches Instrument im Unternehmen kann zu einem erheblichen Anteil zur Mitarbeitergewinnung und -bindung beitragen. Die bAV wird zum emotionalen Bindeglied zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Mit der betrieblichen Krankenversicherung (bKV) hat sich in den letzten Jahren ein neues Personalinstrument entwickelt. Ohne großen Kosten- und Verwaltungsaufwand für den Arbeitgeber lässt es sich positiv bei der Suche nach neuen qualifizierten Mitarbeitern und auch zur Mitarbeiterbindung einsetzen. Die betriebliche Krankenversicherung ist eine durch den Arbeitgeber finanzierte Form der Bonifikation für seine Mitarbeiter. Dieses Personalinstrument ist innovativ, ungewöhnlich und noch größtenteils unbekannt. Der Mehrwert für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist beachtlich. Bei der bKV schließt der Arbeitgeber einen Gruppenversicherungsvertrag mit einem privaten Krankenversicherer ab. Die Beitragszahlung der vom Arbeitgeber im Vorfeld ausgewählten Krankenzusatztarife, bzw. Gesundheitsbudgets wird vom Arbeitgeber übernommen.
Die Teilnahme an der bKV ist für die Arbeitnehmer obligatorisch. Das bedeutet, dass entweder alle Arbeitnehmer des Unternehmens oder alle Mitarbeiter einer objektiv definierten Personengruppe in der Belegschaft den Versicherungsschutz der bKV automatisch bekommen. Das hat den großen Vorteil, dass die Arbeitnehmer ohne Gesundheitsprüfung aufgenommen werden und somit Leistungsausschlüsse, Beitragszuschläge sowie Wartezeiten entfallen. Der Arbeitnehmer hat gleich nach Beginn des bKV-Vertrags vollen Versicherungsschutz.
Ein weiterer Vorteil der bKV Tarife ist, dass diese meist ohne Alterungsrückstellungen kalkuliert sind. Dadurch sind die vom Arbeitgeber zu zahlenden Beiträge wesentlich günstiger als die Beiträge, die ein Arbeitnehmer außerhalb seines Unternehmens für einen gleichwertigen Versicherungsschutz zahlen müsste.
Betriebliche Krankenversicherung – arbeitgeberfinanziert
Bei der Einrichtung einer bKV hat ein Unternehmen die Auswahl aus einer Vielzahl von Zusatzversicherungsprodukten. Damit kann der Arbeitgeber hinsichtlich Leistungsumfang und Beitragshöhe seine ganz individuelle betriebliche Krankenversicherung selbst gestalten. Die Bausteine, die der Arbeitgeber auswählen kann, reichen von Zuzahlungen zu Sehhilfen, Zahnersatz und Heilpraktiker über die Übernahme von Vorsorgeuntersuchungen bis hin zu stationärem Schutz oder einem Krankentagegeld nach dem Ende der gesetzlichen Lohnfortzahlung.
In den letzten Jahren haben sich insbesondere Budgettarife verbreitet. Bei einem Budgettarif kann sich der Arbeitnehmer bis zu einer festgelegten jährlichen Budgethöhe eine Vielzahl vorher definierter Leistungen erstatten lassen. Für den Arbeitgeber bieten sich weitere Vorteile einer betrieblichen Krankenversicherung, denn durch die verbesserte medizinische Versorgung und Vorsorge können krankheitsbedingte Fehlzeiten reduziert und somit die Produktivität gesteigert werden. Arbeitgeber können ihre Beiträge zur bKV als Sachbezug steuer- und sozialversicherungsfrei bis zu einer Freigrenze in Höhe von monatlich 50 EUR pro Mitarbeiter geltend machen. Die Beiträge für die bKV und die gegebenenfalls anfallenden Aufwendungen für Steuer und Sozialversicherung sind für das Unternehmen als Betriebsausgabe absetzbar. Beim Arbeitnehmer wirken die Beiträge oft nachhaltiger als eine gleich hohe Lohnerhöhung. Vor dem Hintergrund sinkender Ansprüche in der gesetzlichen Alters- und Gesundheitsversorgung bieten die betrieblichen Versorgungssysteme gute Chancen für Unternehmen, sich auch in Zeiten des Fachkräftemangels erfolgreich am Markt als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Aus diesem Grund werden die betrieblichen Versorgungsleistungen in den kommenden Jahren immer mehr an Bedeutung
Wir verwenden Cookies, um unsere Website und unseren Service zu optimieren.
In bestimmten Fällen benötigen wir Ihre Zustimmung zur Verwendung von Cookies und anderen Technologien durch uns und unsere Partner, um persönliche Daten auf Ihrem Gerät zu speichern und abzurufen, um personalisierte Anzeigen und Inhalte, Anzeigen- und Inhaltemessung, Erkenntnisse über Zielgruppen und Produktentwicklung vorzunehmen. Ihre Zustimmung benötigen wir außerdem für die Einbindung externer Multimedia- Inhalte. In einigen Fällen verarbeiten wir und unsere Partner Ihre persönlichen Daten auf Grundlage von berechtigtem Interesse. Dabei können ebenso Cookies und andere Technologien eingesetzt werden.
Dies umfasst auch Ihre Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer.
Unter Einstellungen erhalten Sie dazu detaillierte Informationen und können wählen. Sie können Ihre Auswahl jederzeit im Cookie-Manager am Seitenende rechts widerrufen oder anpassen.